Begriffserklärung:
WHO-Fasern - Fasern, die eine Länge größer 5 µm, einen Durchmesser kleiner 3 µm und ein Länge-Durchmesser-Verhältnis von mehr als 3:1 aufweisen.
Fasern dieser Geometrie werden auch als lungengängige Fasern bezeichnet und können bis in die Alveolen (Lungenbläschen) vordringen. Die Definition der WHO-Fasern
(WHO: World Health Organization) wurde 1986 nach der Konvention Nr. 162 (Asbestos Convention No. 162) der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO - International Labour Organization) veröffentlicht.
Der Begriff WHO-Fasern ist nicht gleichzusetzen mit kanzerogenen Fasern. WHO-Fasern mit einer hohen Biopersistenz gelten als kanzerogen (u.a. Asbest).
KMF-Fasern - künstliche Mineralfasern, die zu Mineralwolle verarbeitet werden. Zur Herstellung kommen mineraliche Roh-stoffe, Altglas sowie Bindemittel
(Kunstharze) und Öle zum Einsatz. Je nach Zusammensetzung wird zwischen Steinwollen, Glaswollen und Schlackenwollen unterschieden. Mineralwollen werden überwiegend als
Dämm- und Isoliermaterial eingesetzt (Schall-, Wärme- und Brandschutz).
Kanzerogenitätsindex (KI-Index): - Der Kanzerogenitätsindex ergibt sich aus der Differenz zwischen der Summe der Massen-gehalte (in Masse-%) der Oxide von
Natrium, Kalium, Bor, Calcium, Magnesium, Barium und dem doppelten Massengehalt von Aluminiumoxid: KI = ⅀ Na,K,B,Ca,Mg,Ba-Oxide - 2 x Al-Oxid
Gemäß der TRGS 905 werden WHO-Fasern aus anorganischen Faserstäuben (ausgenommen Asbest) wie folgt eingeteilt:
1. Glasige WHO-Fasern mit einem Kanzerogenitätsindex KI ≤ 30 werden in die Kategorie 1B eingestuft.
2. Glasige WHO-Fasern mit einem Kanzerogenitätsindex KI > 30 und < 40 werden in die Kategorie 2 eingestuft.
3. Für glasige WHO-Fasern erfolgt keine Einstufung als krebserzeugend, wenn deren Kanzerogenitätsindex KI ≥ 40 beträgt.
Der KI-Index wurde 1994 in die TRGS 905 aufgenommen. Noch im selben Jahr wurde von der Glaswolleindustrie ein Fasertyp mit einem KI-Wert von etwas über 40 entwickelt, um
somit eine Freizeichnung vom Krebsverdacht zu erlangen. Die sogenannte KI-40-Wolle war jedoch nur kurze Zeit im Umlauf. Danach wurden biolösliche Glaswollen mit einem KI-Wert unter 30 produziert
(u.a. die Fasertypen 16d und P). Die Steinwolleindustrie entwickelte dagegen neue biolösliche Fasertypen durch die Erhöhung des Aluminiumoxidgehaltes, was zu einer Absenkung des KI-Wertes in einen
zweistelligen Minusbereich führte. Damit zeigte sich, dass der KI-Index der neu entwickelten Glas- und Steinwollen nicht zur Beurteilung der Kanzerogenität bzw. der Biolöslichkeit herangezogen werden
kann. Die Möglichkeit der Freizeichnung von Mineralwollen über die Biolöslichkeit wurde dann 1997 in die EU-Richtlinie 97/69 als Anmerkung Q aufgenommen und 1998 in die TRGS 905.
Ab dem 01.06.2000 trat dann das vollständige Verwendungsverbot alter Mineralwollen mit dem Bundesgesetzblatt Jahrgang 2000 Teil I Nr. 24 vom 31.05.2000 in Kraft.
Freigezeichnete neue Mineralwollen sind entweder am „RAL Gütezeichen Erzeugnisse aus Mineralwolle“ und / oder dem Aufdruck „Frei nach GefStoffV, ChemVerbotsV und (EG) 1272/2008 (Anm. Q)“ zu erkennen. Das RAL Gütezeichen
wird durch die 1998 gegründete Gütegemeinschaft Mineralwolle e.V. (GGM) unter dem Dach der RAL vergeben.
Beim Umgang mit alter Mineralwolle im Rahmen von Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten mit alter Mineral-wolle sind die Vorschriften der TRGS 521 zu beachten.
Eine Unterscheidung alter und neuer Mineralwollen anhand des äußeren Erscheinungsbildes (Färbung, Struktur) ist nicht möglich.
Gelbe Glas-wollen gab es bereits in den 70-er Jahren und verschiedene Hersteller produzieren diese auch heute noch. Selten
gibt es Färbungen, die auf einen bestimmten Hersteller schließen lassen (z.B. die freigezeichnete braune Glaswolle von climowool).
alte Glaswolle aus den
70-er Jahren
KI-40-Wolle von 1996
Fasertyp 16d von 1998
Glaswolle Fasertyp P
von 2015
Fasertyp ULTIMATE vom
Hersteller ISOVER SAINT-GOBAIN (2015)
braune Glaswolle vom
Hersteller cliomowool (2018)
Sowohl alte als auch neue Mineralwollen bestehen aus einem Fasergeflecht unterschiedlicher Faserstärken.
Beide enthalten lungengängige (WHO-) Fasern. Eine Unterscheidung alter und neuer Mineralwollen ist somit visuell nicht möglich.
Die LFM Mikroanalytik GmbH hat ein Verfahren entwickelt, mit dem die in der Bundesrepublik gebräuchlichsten
Fasertypen identifiziert werden können. Somit ist es möglich, alte (kanzerogene) und neue (biolösliche) Fasern voneinander zu unterscheiden. Das Verfahren wurde durch die Deutsche Akkreditierungsstelle DAkkS akkreditiert.